Was bringt Social Media eigentlich? Steigt der Absatz durch Brand Content auf Instagram? Und wie kann der Erfolg gemessen werden, wenn die Anbahnung digital, der Kauf aber offline stattfindet?
Seit meiner Promotion beschäftige ich mich mit der Beantwortung dieser Fragen. In der Agentur kamen Kunden immer wieder mit dem Wunsch nach Messbarkeit auf uns zu. Dabei ging es aber schon lange nicht mehr um das Zählen von likes, comments und shares. Es sollte ein ROI gemessen werden, also i.d.R. die Wirkung der Social Media Aktivitäten auf Image und Abverkauf.
Social Media Reactions sind kein Beleg für die Wirkung des Contents
Wir, aber auch zahlreiche andere Autoren, konnten belegen, dass social reactions (likes, comments und shares) kein Beleg für die Wirkung des Contents auf die Marketingzielgrößen sind. Heißt konkret: nur weil ein User Posts bei Instagram liked kann nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Post auch positiv auf das Image oder sonstige Zielgrößen wirkt. Und nur weil jemand nicht liked, bedeutet das nicht, dass er nicht zum Kauf animiert wurde. So oft habe ich in der Agentur die Logik "Der Post hat mehr reactions, als der andere. Deswegen ist dieser erfolgreicher." gehört. Das mag hinsichtlich der organischen Reichweite auch stimmen, aber nicht bezogen auf die für einen Marketing-ROI relevanten KPIs.
Warum? Weil Social Media deutlich passiver genutzt wird, als man meinen könnte. Vielen Usern geht es nur um Content-Konsum, sie posten selbst kaum und nutzen auch die reactions nicht. Wir haben in einer Studie Personen, die angegeben haben, dass ihnen der Content gefällt, sie aber keine social reactions gezeigt haben, nach dem Warum gefragt. Die Antworten waren u.a.: Sie haben nicht geliked, weil sie Social Media grundsätzlich passiv nutzen. Sie haben nicht kommentiert, weil sie glauben, dass ihr Kommentar in der Masse untergeht. Sie haben nicht geshared, weil sie nicht wissen, ob sich ihr eigenes Netzwerk für den Content interessiert. Für eben genau diese passiven User konnten wir aber dennoch eine positive Wirkung auf Marketingzielgrößen belegen.
Natürlich sind mir in der Agentur zahlreiche Tools begegnet, die in einem übersichtlichen Dashbord jedes erdenkliche Social Media KPI darstellen. Wenn es um eCommerce geht, können auch Abverkäufe getrackt werden. Das ist ein guter Schritt Richtung ROI. Aber was ist mit der Wirkung auf das Image, woraus im besten Fall Käufe entstehen, die dann aber durchaus zeitlich versetzt stattfinden können? Diese Käufe könnten auch den Social Media Aktivitäten zuzurechnen sein, doch das weiß das Tracking-Tool nicht. Noch weniger Relevanz für die ROI Messung haben solche Tools bei Marken, die im digitalen Marketing aktiv sind, aber rein stationär oder hybrid verkaufen. Diese Schwierigkeiten beim Messen eines Social Media ROI werden durch das IOS14.5 Update zusätzlich erschwert: Den Tracking-Tools fehlt ein großer Anteil der relevanten Daten.
Um einen echten ROI von digitalen Marketing-Aktivitäten zu messen, muss es ein Tool geben, dass die psychographische (Image-) Wirkung und den ökonomischen Erfolg (Verkauf) abbilden kann. Und da kommt die Wissenschaftlerin in mir durch: ein Kausalmodell, das wissenschaftlich fundiert gerechnet wird, kann diesen Anforderungen gerecht werden. Es hat seinen wissenschaftlichen Ursprung in meiner Doktorarbeit und wurde von mir in den letzten Jahren zu einem operativ nutzbaren Tool weiterentwickelt, die sog. Content Impact Analyse.
Kausal ist ein Zusammenhang dann, wenn eine Inputgröße eine Zielgröße eindeutig beeinflusst. Für die Content Impact Analyse bedeutet das: Sie analysiert die Wirkung von Content auf Marketing-KPIs, vergleicht untereinander und deckt unterschiedliche Wirkungen je nach Zielgruppe auf. Der Detaillierungsgrad kann dabei soweit gehen, dass einzelne Content-Kategorien und Imagefacetten analysiert werden.
So kann beispielsweise festgestellt werden, ob die Storys bei Instagram eine positive Wirkung auf das Markenimage und die -loyalität haben und ob diese Wirkung stärker ist als die der Bildposts bei Instagram. Oder ob der YouTube Kanal Kaufintention in der Offline-Welt erzeugen kann. Diese beiden Beispiele würden in den Tracking-Tools gar nicht auftauchen, da die Zielgrößen Image und Kaufintention nicht enthalten sind.
Ist die Content Impact Analyse aufwendig? Naja, es ist zumindest mehr notwendig als ein paar Klicks im Tracking-Tool. Es werden Daten erhoben, bereinigt, statistisch ausgewertet. Aber bisher hat es sich immer gelohnt: zahlreiche Unternehmen wissen jetzt welcher Content am besten wirkt, wie sie ihr Budget optimal einsetzen können, haben Fallstricke aufgedeckt und sind insgesamt erfolgreicher im digitalen Marketing. Ein paar Beispiele:
Eine FMGC Marke hat beispielsweise gelernt, dass user generated content (u.a. Influencer) eine deutlich stärkere Wirkung auf die Kaufintention am POS hat, als der brand generated content. Folglich wurde die Budgetallokation angepasst. Bei einer Premium-Automobilmarke wurde das Verhältnis genau umgekehrt festgestellt. Hier war der brand generated content deutlich wirkungsvoller, als der user generated content. Die Impact Analyse konnte zeigen, dass das vor allem mit der Komplexität der Produkte zusammenhängt. Würden Sie nicht auch eher einem Experten (in diesem Fall der Hersteller) die Beurteilung eines Autos zutrauen, als einem Ihnen unbekannten Social Media User? Klingt einleuchtend, aber das muss man erstmal wissen, um operativ entsprechend zu optimieren. Eine Telko-Marke wollte ihr Image hinsichtlich einer spezifischen Imagefacette stärken. Dank der Content Impact Analyse konnten wir genau sagen, welche Content-Kategorien hierfür in Social zu spielen sind.
Ich könnte noch viele weitere Beispiele nennen. All diese Beispiele haben eines gemeinsam: Durch die Analyse der Kausalität zwischen Content und allen relevanten Marketing-KPIs konnte ein vollständiges Bild des Erfolgs oder Misserfolgs der Social Media Aktivitäten festgestellt werden. Und nur wenn man das vollständige Bild sieht, kann man sinnvolle Strategieanpassungen vornehmen.
Meine Empfehlung lautet daher, sich bei der Messung eines Social Media ROI nicht nur auf die Tracking-Tools zu verlassen, sondern regelmäßig die tatsächliche Kausalität zwischen Social Media Content und Marketing-Zielen zu prüfen: Messen Sie die tatsächliche Wirkung des Social Media Contents, statt KPIs auszuzählen, die vermeintlich ein Indiz für die Wirkung darstellen.
Wie messen Sie den Social Media ROI? Wollen Sie mehr über die Content Impact Analyse erfahren? Oder sind Sie Forscher und beschäftigen sich auch mit der Erfolgsmessung? Ich freue mich in jedem Fall über Feedback und Austausch!
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